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Meister der Lüfte
Lukas Joas ist einer der besten Slopestyler Deutschlands. Für seine Sportart musste der 22-jährige Oberstdorfer schon viele Hindernisse überwinden. Von der Leidenschaft, bei der das Risiko immer mitspringt
Im Training und bei Wettkämpfen steht Lukas Joas oft genug Kopf. Und das mit voller Absicht. Kein Widerspruch, denn der 22-Jährige aus Oberstdorf hat sich einer Wintersportart verschrieben, die atemberaubend artistisch ist und seit den olympischen Winterspielen von Sotschi zu den vielversprechenden jungen olympischen Winter- sportdisziplinen zählt.
Joas gehört zum siebenköpfigen, kleinen aber feinen Slopestyle-Nationalteam des Deutschen Skiverbandes und hat sich im vergangenen Jahr einen großen Traum erfüllt, indem er sein Hobby zumindest für einige Zeit zum Beruf gemacht hat: „Wenigstens ein Jahr lang wollte ich mich mal ausschließlich meinem Sport widmen“, erzählt der gelernte Schreiner. Ein echtes Wagnis sei das gewesen, weil ausgerechnet in der letzten Saison seine Sponsoren ihre Unterstützung zurückzogen, obwohl die Leistungen extrem gut gewesen seien. Joas musste fortan für Training, Ausrüstung, Unterkunft und Liftkarten allein aufkommen. „Da bist du fast schon im fünfstelligen Bereich“, sagt Joas. Dennoch hat er seine Entscheidung nie bedauert, ebenso wenig wie den Entschluss, sich nach der kurzen Karriere als Alpin-Rennfahrer den Kol- legen des Freestyles anzuschließen.
2009 war es, als der jüngste Sohn einer skibegeisterten Familie merkte, dass es im deutschen Alpin-Rennteam für ihn keine Zukunft gab. Bruder Thade war da bereits als Slopestyler unterwegs und überredete den Jüngeren zum Einstieg in den Sport mit Tricks und Grabs, mit Spins und Flips auf Rails und Kickern. „Gut, dass ich Skifahren kann, da hatte ich schon mal bei der An- und Abfahrt keine Probleme“, sagt Lukas augenzwinkernd. Das beachtliche Risiko verkennt er dabei nicht, denn die Sprünge und Salti gehen locker über 20 Meter weit und sieben Meter hoch. Gefahren, die der Oberstdorfer aber für beherrschbar hält. „Du musst immer wissen, was du machst und niemals den gesunden Menschenverstand ausschalten“, erklärt er. Darum wird im Sommer auf Wasserschanzen und auf dem Trampolin trainiert, bis die Sprünge sitzen.
Die solide Grundausbildung hat er bei Mama Claudia, die in Oberstdorf eine Skischule betreibt und dem Skiclub Oberstdorf erhalten. Dass ihr Jüngster nun statt durch Torstangen über Geländer und Schanzen fährt, betrachtet sie inzwischen relativ gelassen. „Jedenfalls schaut sie sich mit mir alle Videos an“, sagt Lukas Joas. Da hat sie es in diesem Jahr mit einem preisgekrönten Film zu tun: Lukas wurde erst kürzlich in einem Online-Wettbewerb zum zweitbesten „European Skier of the Year“ gewählt. Ein professionell produziertes Video über ein Jahr mit Sponsorenverlust, finanziellen Risiken und langer Verletzungspause hat zum Voting auf den zweiten Platz beigetragen. „Ein toller Erfolg“, sagt er stolz. Gleich in der ersten Saison gewann er alles, was es zu gewinnen gab – sogar die in der Szene hoch angesehene „Wir-Schanzen-Tournee“. In der Kraftalp trifft der Profi oft auf Ex-Konkurrenten aus dem Alpin- Bereich, die ihn mit Sprüchen wie „Der, der über Geländer fährt“, belächeln. Joas nimmt das gelassen, denn er weiß, dass er mit seinem Sport weltweit auf der Überholspur ist. In Deutschland sei die Popularität noch steigerungsfähig, sagt er. Auch die Trainingsmöglichkeiten hierzulande seien rar. Trainiert werde meist in Laax/Schweiz, einen Monat lang in den USA und in der Vor-und Nachsaison im Stubaital. Immer mit Kurs auf die Erfüllung eines ganz großen Wunsches: die Teilnahme an Olympia ...