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„Es ist immer im Hinterkopf“
Sportler auf dem Weg nach Sotschi. Heute: der Nordisch-Kombinierer Johannes Rydzek
Das Mannschaftshotel der Nordischen Kombinierer liegt malerisch an einem Hang mit Blick hinüber zur Skischanze von Oberstdorf. Dort gastierte am Wochenende der Sommer-Grand-Prix. Die Sportler sprangen zunächst auf grünen Kunststoffmatten und absolvierten anschließend 15 Kilometer auf Rollen. Johannes Rydzek, 21, kombinierte die beiden Sportarten Skisprung und Langlauf am besten. Er gewann den Wettbewerb, an dem fast die gesamte Weltelite teilnahm.
Rydzek sitzt auf der Terrasse des Hotels und schaut hinüber zur Schanze. In ihrem Schatten ist er aufgewachsen. Solange er sich zurückerinnern kann, war sie Teil seines Lebens. Zuerst als Zuschauer, dann als Sportler. „Wenn man da ins Fliegen kommt, ist das ein tolles Gefühl“, sagt Rydzek. Aber der perfekte Flug ist nicht der Normalzustand. Oft schleichen sich kleine Fehler in das System ein, „und plötzlich läuft es nicht mehr. Das macht einen wahnsinnig. Da bin ich dann froh, das Laufen zu haben, wo ich mich auskotzen kann.“
Seit Anfang Mai bereitet sich Rydzek auf das große Ziel Sotschi vor. Dort finden im Februar die Olympischen Winterspiele statt. „Konkrete Gedanken mache ich mir noch nicht, aber es ist immer im Hinterkopf“, sagt Rydzek. Mehr als andere Wintersportler sind die Kombinierer auf olympische Erfolge angewiesen. Sie stehen im Schatten der Alpinen, Biathleten und Skispringer. Gewinnen sie bei Olympia Medaillen, rückt das aberauch die Kombinierer ins Rampenlicht. Dafür trainiert der Oberstdorfer hart. Am Anfang der Vorbereitung stand intensives Grundlagen und Krafttraining. Die Arbeit auf der Schanze begann erst Mitte Juni. „Wenn man vorher 50 Kilometer beim Rollern war, geht beim Springen nicht mehr viel. Da muss man schon einigermaßen ausgeruht und spritzig sein“, sagt Rydzek.
Als Kombinierer ist sein Training vielfältig. Radeln, Laufen, Rollern, Krafttraining, Skispringen. „Wir brauchen eine ordentliche Basis.“ Die Vorbereitung ist ein Balanceakt zwischen Training und dem Blick auf die Waage. Zu viele Muskeln darf ein Kombinierer nicht aufbauen, denn die sind schwer und deshalb wenig förderlich beim Skispringen. Die langen Ausdauereinheiten liegen hinter Rydzek. Beim Sommer-Grand-Prix wurde er Dritter der Gesamtwertung, will das aber nicht überbewerten.
Das Ergebnis zeigt nur, dass der Oberstdorfer nicht auf dem falschen Weg ist. Der erste Weltcup steht Ende November in Kuusamo an. Bis dahin wird dann auch Bundestrainer Hermann Weinbuch festgelegt haben, welche Kriterien für Sotschi zu erfüllen sind. Bislang sind nur die offiziellen DOSB-Normen bekannt. Die besagen, dass man im Weltcup zweimal unter die ersten 15 oder einmal unter die ersten Sieben kommen muss, um das Sotschi-Ticket zu lösen. „Ich bin mir aber sicher, dass unser Coach da härtere Normen anlegen wird“, sagt Rydzek. „Denn die DOSB-Norm würden sechs oder sieben Leute schaffen. Und da dann einen auszusortieren, ist schwierig.“ Rydzeks Ziel ist aber klar: „Ich will dabei sein.“ Nach 2010 wären es schon seine zweiten Spiele. „Vancouver war eine coole Zeit und die möchte ich noch mal erleben.“
Text: Allgäuer Anzeigeblatt